Beschreibung
„Ich möchte die heftigen, weit verbreiteten Erschütterungen der Erde einen Erdekrampf nennen, oder einem andern Zustande des Erdewesens vergleichen, und etwa dem Niesen, dem Husten, dem Hautschaudern gegenüber stellen. So wie diese Äußerungen der Lebenstätigkeit einen mehr oder weniger bedeutenden Theil unserer Haut erschüttern, so scheint auch die Erdehaut von Zeit zu Zeit durch innere Veranlassungen in eine bebende, oder erschütternde Bewegung gesetzt zu werden. …
Aber die außerordentliche Ausdehnung, in welcher manche Erderschütterungen auf ganz verschiedene und entgegengesetzte Punkte der Erdfläche einwirken, wird uns noch viel anschaulicher durch das Erdbeben, welches vor 72 Jahren Lissabon erschütterte. Diese bedauernswürdige Königsstadt ist zu wiederholten Malen — namentlich in den Jahren 1350, 1531, 1601 und 1755 — wenn auch nicht beispiellos, doch furchtbar verwüstet worden. Vorzüglich bemerkenswert scheint es mir, daß sie nicht sowohl von Erdschwingungen — die in der Regel die gefährlichsten nicht sind — als vielmehr von Erdstößen heimgesucht zu werden pflegt. Da aber, wie ich im 31. Abschnitte bereits nachgewiesen habe, unter andern auch Lissabons Uranbauer bei Anlegung dieser Stadt eine sehr unglückliche Auswahl des Orts trafen, indem sie in ihren sieben, dem Auge in der Gestalt eines Amphitheaters sich darstellenden Berge, wahrscheinlich den Rest des ehemaligen Kraterkranzes, neben dem verschütteten Vulkanschlunde bebaueten. Und da dieser Schlund, wie sich aus dem Nachfolgenden klar ergeben wird, mit den Urvulkanen unserer halben Erde im Verbande steht: so glaube ich auch, behaupten zu können, daß diese Schlünde bis in das Innere des Erdewesens hineinreichen müssen. …
Schon vom Anfange des verhängnisvollen Jahres 1755 an schien der immer wohlwollende Weltregent das bevorstehende große Naturereignis gleichsam warnend anzudeuten. In sehr verschiedenen Gegenden Portugals beobachtete man vorher eigentümliche Lufterscheinungen, heftige Orkane und kleine Erschütterungen. Aber auch außerhalb des Königreichs war die ganze Natur ungewöhnlich aufgeregt. Stürme herrschten in mehrern Gegenden Europas. Springfluten, Regenergüsse und Überschwemmungen waren fast überall an der Tagesordnung. An manchen Orten regnete es mehrere Tage so ununterbrochen und so stark, daß man 23 Zoll [fast 60 cm] Wasser im Regenmesser sammelte, welches ungefähr so viel ist, als in einem Lande von mittelmäßig feuchter Beschaffenheit in der Regel das ganze Jahr hindurch zu fallen pflegt. …
Endlich kam die empörte Natur in den verheerenden Erdstößen zum Ausbruch, welche 50 Minuten nach 9 Uhr Morgens am 1. November 1755 Tod und Verderben über Lissabon brachten. Ein unterirdisches Rollen, als ob schwere Lastwagen über Steine führen, ging zweien außerordentlichen Erschütterungen voran. Die Erde ward hoch aufgeworfen. Der größte Teil der Häuser stürzte zusammen, und mehrere wurden tief in den sich öffnenden Erdschlund versenkt.“
Das sind Samuel Christoph Wageners einleitende Worte zum „Erdbeben von Lissabon 1755“, das nicht nur Lissabon zerstörte, sondern sich auf halb Europa auswirkte, vor allem auf Norddeutschland! Diese Zusammenhänge erkannte in seiner Gesamtheit nur Wagener – und wird dafür nicht einmal im Wikipedia-Artikel über diese Katastrophe erwähnt. Liegt es daran, daß er Mutter Erde als fühlendes Lebewesen mit dem Menschen verglich, die eine Haut hat, sich schüttelt, nießt, friert, auswirft?
War dies eine der gewaltigen Schlammflutkatastrophen, von denen in letzter Zeit viel gesprochen wird? Nach denen dann die Ruinenmalerei von Piranesi und anderen ihren Anfang nahm? Da war Goethe 6 Jahre alt, er muß es also miterlebt haben. Ob er darüber schrieb habe ich nicht nachgeschlagen – daher wäre ich für ergänzende Hinweise dankbar! ([email protected])
Die Karte und der Bericht stammen aus Wageners Buch, das folgenden Namen hat:
Das Leben des Erdballs und aller Welten. Neue Ansichten und Folgerungen aus Tatsachen. Allen Erforschern und sinnigen Freunden der Natur gewidmet von Samuel Christoph Wagener, königlichen Superintendenten außer Dienst und Ritter des roten Adler-Ordens dritter Klasse. Mit sieben Kupfertafeln. Berlin, Amelang-Verlag, 1828.
Wagener lebte von 1763 bis 1845, sein Werk ist also seit 1916 gemeinfrei. Das bayerische Archiv hat die Karte zwar gescannt, doch fehlen dort die Einfärbungen der Reichweite der Katastrophe. Zudem wurden vom Vorleser weitere Punkte auf den britischen Inseln markiert und die Gebirgszüge nachgetragen. Somit war der Kauf dieses Buches eine glückliche Fügung für unsere Erforschung ehrlicher Geschichte! 🙂
Was im Download-Paket enthalten ist:
– die Karte als hochauflösende JPG-Datei mit 300 DPI und etwa 2000×2000 Pixeln
– der 23-seitige Bericht in original Frakturschrift als PDF, die durchsuchbar und kopierbar ist
– das Inhaltsverzeichnis des Buches
– den deutschen und englischen Wikipedia-Artikel über diese Katastrophe
Der Preis von 3€ ist ausschließlich als mein Arbeitsaufwand zu verstehen und kommt dem Verlag zugute. Die Karte läßt sich wunderbar auf DIN A4 auf dem heimischen Drucker ausdrucken.
Der werte Erwerber dieser Karte möge bitte nicht vergessen, den Hinweis „© Roland Verlag“ mit anzugeben, wenn er diese Karte oder Teile davon in seinem Sinne veröffentlichen mag. Dieser Hinweis schützt nicht nur ihn selbst im rechtlichen Sinne, sondern auch die Karte für die kommenden 100 Jahre. Denn urheberrechtlich ist dieser Scan nun durch den Roland Verlag geschützt – so kann man stets das Original von Bearbeitungen oder Verfälschungen unterscheiden.
Helfende Hände gesucht!
Was noch Wünschenswert wäre, ist eine Übertragung des Berichtes von Frakturschrift in die heutige Druckschrift und unsere gute alte Rechtschreibung, wie ich es oben mit der Einleitung schon getan habe. Nur ist das bei 23 Seiten Bericht ein gutes Stück Arbeit, das ich gerne an helfende Hände abgeben mag! 😉 Abtippen ist übrigens nicht nötig – man kann den Text einfach herauskopieren und muß nur die Lesefehler und die heutige alte Rechtschreibung berücksichtigen.